Kapitel 2
Eigenschaften von Ionenlautsprechern
2.1 Die Vorteile des gasförmigen Schwingkörpers
Konventionelle Lautsprecher versetzen die Luft mittels einer Membran in Schwingung. Jedoch wird die Bewegung dieser Membran von ihrer eigenen Massenträgheit beeinträchtigt. Das verursacht zwingend ein zusätzliches An- und Ausschwingen, was den Klang verfälscht. Weiters können Klangverfärbungen durch so genannte Partialschwingungen auf der Membran entstehen. Diese unerwünschten Effekte entfallen beim Ionenlautsprecher. Da sich die Masse des Resonanzkörpers auf die Masse des in der Plasmalamme enthaltenen Gases beschränkt, kann dessen Trägheit fast vernachlässigt werden. Deshalb gibt es hier kein zusätzliches An- und Ausschwingen.
Die Gegebenheit der frei brennenden Plasma-Flamme ermöglicht eine gleichmäßige horizontale Schallabstrahlung von 360 Grad. Dies kann bei bestimmten Anwendungen von Vorteil sein. Ist ein solcher Abstrahlwinkel nicht erwünscht, wird mit Hilfe eines Horns der Schall fokussiert.
2.2 Der Frequenzgang
Abb.4: Frequenzspektrum
Das Einsatzgebiet der Ionenlautsprecher ist die Hochtonwiedergabe. Deshalb auch der Name Plasmahochtöner (engl. Plasma-Tweeter). Natürlich variieren die Frequenzspektren der verschiedenen Ausführungen ein wenig. Im Allgemeinen kann man sagen, dass bei Frequenzen oberhalb von ca. 3 Kilohertz der Hochtöner beginnt gut zu “arbeiten“. Ionenlautsprecher mit Mehrfachelektroden (siehe 3.1.2. Hill Plasmatronics) sind aber auch schon ab 800 Hertz einsetzbar.
2.3 Der Schalldruck
Da die Größe der Plasma-Flamme begrenzt ist, ist auch die maximale Schwingungs-Amplitude der Flamme begrenzt. Diese begrenzt wiederum den Schalldruck der in der Luft freigesetzt werden kann. Für Heimanwendungen reicht es jedoch aus. Es werden Schalldruckpegel von 70 bis 85 Dezibel erreicht. Mit einem Horn-Vorsatz werden aber auch Pegel bis 95 Dezibel erreicht.
Abb.5: Hornvorsatz
2.4 Der Wirkungsgrad
Ionenlautsprecher haben einen sehr schlechten Wirkungsgrad. Die zugeführte elektrische Energie wird nur zu einem Bruchteil in hörbare Schallenergie umgewandelt. Während ein Gerät bis zu einigen 100 Watt aus der Steckdose aufnimmt, liegt die abgegebene Schallleistung deutlich unter einem Zehntel Watt. Der Wirkungsgrad ist somit viel kleiner als 0,1 Prozent. Der größte Teil der Leistung wird als Wärme an die Umgebung abgegeben. Deshalb ist ein hoher Kühlaufwand von Nöten. Aber ein beträchtlicher Teil wird auch als elektromagnetische Strahlungsleistung an den Äther abgegeben, da die Elektrode ja wie eine Antenne fungiert. Dies kann eine Sendeleistung von bis zu 50 Watt bedeuten.
2.5 Das Ozon-Problem
Ozon ist ein Gas das im Gegensatz zu Luftsauerstoff ( O2 ) aus drei Sauerstoffatomen besteht ( O3 ). Es entsteht aus ungebundenen Sauerstoffatomen ( O ) und Zufuhr von Energie, in Form von UV-Strahlung. Innerhalb der Plasmawolke werden durch den Ionisierungsvorgang (Moleküle setzen Ladungsträger frei) solche ungebundenen Sauerstoffatome erzeugt. Durch den im Umgebungs-Licht enthaltenen UV-Anteil können sie die nötige Energie erhalten um eine solche Dreierbindung ( O3 ) mit einem O2-Molekül einzugehen. Das Ozon zersetzt sich nach einiger Zeit wieder von selbst. Die Halbwertszeit ist von der Temperatur, der räumlichen Beschaffenheit und von den Staubpartikeln in der Luft abhängig. In einem Innenraum bei 20 Grad Celsius beträgt die Halbwertszeit ca. 3 Tage, mit steigender Temperatur immer weniger.
O3 <-----> O2 + 1/2 O2 + 284kj
In einem geschlossenen Raum kann ein ohne Reduzierungsmaßnahmen betriebener Ionenlautsprecher nach einiger Zeit im Betrieb eine Ozonkonzentration von zirka 0,01 ppm (Millionstel Teile) in der Luft verursachen.
Dies ist ungefähr die Riechschwelle für den Menschen. Es wird meist als unangenehmer Geruch empfunden, daher auch der vom griechischen Wort ´ozein´ (=riechen) stammende Name ´Ozon´. Für die Gesundheit ist diese Dosis jedoch unbedenklich. Bei Konzentrationen über 0,1 ppm kann Ozon die Lungenfunktion beeinträchtigen. Es können Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen sowie Schwindel auftreten. Diese Erscheinungen verschwinden sobald man nicht mehr dem Ozon ausgesetzt ist. Folgeschäden sind bislang nicht bekannt.
Abb.6: Sauerstoff, Ozon
Zur Reduzierung bzw. Verhinderung des Ozonausstoßes gibt es verschiedene Möglichkeiten. So wird zum Beispiel der Effekt der abnehmenden Halbwertszeit bei erhöhter Temperatur ausgenutzt. Die abgestrahlte Hitze staut sich innerhalb der Gitter-Abschirmung der Flamme. Um den Hitzestau zu intensivieren werden manchmal auch mehrere Gitterlagen übereinander verwendet. Bei dieser Methode tritt aber immer noch eine Restmenge Ozon aus. Vor allem in der Anfangsphase des Betriebs solange die Temperatur noch relativ niedrig ist. Eine wirkungsvollere aber um ein vielfaches aufwendigere Methode ist die Edelgasumspülung der Flamme. Dabei wird die Plasmaflamme von Helium umspült, was den Ozon-Ausstoß fast völlig beseitigt.
2.6 Der Verschleiß der Elektrode
Das hohe Ionenvorkommen an der Spitze der Elektrode hat eine Oxidation des Metalls zur Folge. Dies macht sich an der Elektrode nach einigen Betriebsstunden als schwarze Oberflächenfärbung, vor allem im Bereich der Spitze, bemerkbar. Diese Oxidschicht erschwert die Ausbildung der Plasmaflamme. Deshalb muss die Elektrode ausgetauscht werden oder die Oxidschicht wird von der Oberfläche geschliffen.
Dieser Effekt tritt bei allen Metallen auf, jedoch gibt es große Unterschiede in der Geschwindigkeit mit der sich die Oxidschicht ausbildet. So ist Beispielsweise eine Kupfer-Elektrode bereits nach der ersten Betriebsstunde fast völlig schwarz. Meist werden Spitzen aus Wolfram verwendet. Sie sind hier ähnlichen Belastungen ausgesetzt wie die Wolfram-Eelektroden beim Elektro-Schweißen. Mit diesem Material müssen sie „nur“ alle paar Hundert Stunden gewechselt werden.
Abb.7: Elektroden von Ionovac (verbraucht/neu)
2.7 Startvorgang
Der heikelste Moment im Betrieb eines Ionenlautsprechers ist die Zündung der Flamme. Denn sie bildet sich nicht immer sofort nach dem Einschwingen des Oszillators von selbst. Es gibt zwei Möglichkeiten der Zündung auf die Sprünge zu helfen. Zum einen kann die Amplitude des HF-Signals für einen kurzen Moment angehoben werden. Dadurch kann eine Zündung der Flamme stattfinden und sie brennt dann bei normaler Amplitude weiter. Die andere Möglichkeit ist die der Zündung mittels eines Zündbolzens. Eine Metallspitze wird in die Nähe der Elektroden-Spitze geführt und verursacht eine Bündelung der Feldlinien. So bildet sich die Ionenwolke aus.
Die Entwicklung zuverlässiger Zündsysteme ist stets eine der wichtigsten Schwerpunkte in der Entwicklung eines Ionenlautsprechers.
2.8 Die elektromagnetische Abstrahlung
Ionenlautsprecher sind sehr starke Hochfrequenz-Sender. Der „offene Reihenschwingkreis“ , bestehend aus der Resonanzspule und der Kapazität zwischen Elektrode und Rückkopplungsring, geht mit einer Leistung von bis zu 50 Watt „auf Sendung“. In diesem Frequenzbereich, um die 27 Megahertz, wären mit dieser Sendeleistung transatlantische Funkverbindungen möglich. Deshalb ist ein metallisches Gehäuse, das als elektromagnetische Abschirmung dient, zwingend notwendig. Betreibt man einen Ionenlautsprecher ohne Abschirmung, kann man unter Umständen Störungen bei umliegenden elektronischen Geräten feststellen. Mit einem Oszilloskop ist man im Stande die Hochfrequenz-Abstrahlung ohne direkten Kontakt des Tastkopfs zur Elektrode festzustellen. Der direkte Kontakt würde das Messgerät mit aller Wahrscheinlichkeit zerstören.
2.9 Die Grenze des Realisierbaren
Eine Erschließung tieferer Frequenzen oder eine Erhöhung des Schalldrucks würden jeweils eine größere Plasmaflamme erfordern. Dies aber erfordert eine noch höhere Hochfrequenz-Amplitude. Das Problem liegt in der Verstärkung des Schwingkreises. Die Verstärkerstufe müsste innerhalb 16ns (bei 30MHz) Spannungsänderungen im Kilovoltbereich liefern können (dV/dT). Der Oszillator müsste folglich auch eine viel größere Leistung abgeben. Die Plasmaflamme wäre noch viel schwerer zu kontrollieren. Man müsste mit zusätzlichen Stützelektroden arbeiten. Zudem würde die Ozonbelastung ansteigen.
Dominik Pernthaler © 2006